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Israels Siedlungen sind das größte Hindernis für einen Frieden

Der Dokumentarfilm „Die eiserne Mauer“ zeigt eindrucksvoll die Auswirkungen der israelischen Siedlu…

Was war ausschlaggebend, diesen Film zu machen?
Die Grundlage für die Friedensverhandlungen zwischen Israel und Palästina war denkbar einfach, Israel sollte besetzte Gebiete räumen, dafür würden die Palästinenser den Friedensvertrag unterzeichnen. Doch Israel begann, Siedlungen in den Gebieten zu bauen, die für den palästinensischen Staat vorgesehen waren. Heute besetzen die Siedlungen, Kolonien und Mauern 42 Prozent der Wesbank. Die Landkarte der Westbank sieht mit all den Siedlungen und Mauern aus wie Schweizer Käse.
Ich will mit meinem Film die Menschen im Westen, in Europa und in Amerika darüber aufklären, was dort geschieht. Als wir den Film veröffentlichten, hätte ich nie gedacht, dass er so erfolgreich werden würde. Ich dachte, einige Aktivisten würden es vorführen und das war’s. Mittlerweile ist „Die Eiserne Mauer“ der am meisten verkaufte Film zum Thema Mittlerer Osten. Es wurde bisher in neun Ländern ausgestrahlt.

Hattet ihr keine Schwierigkeiten beim Dreh?
Wir hatten sehr viele Probleme. Vor allem für einen palästinensischen Filmemacher ist es nicht einfach, einen Film über die Siedlungspolitik zu machen. Wir wurden 10 bis 15 Mal verhaftet. Immer wenn wir filmen wollten, stand die israelische Polizei schon bereit, um uns zu verhaften. Schließlich haben wir die Arbeit mit zwei Filmteams fortgesetzt. Wenn eines verhaftet wurde, konnte das andere weitermachen. Wir haben uns nicht vom Filmen abbringen lassen. Als der Film fertig war, war ich sehr erleichtert.
Man kann sich gar nicht vorstellen, was da passiert. Die Israelis besetzen nicht nur das Land, sie rauben auch das Wasser. Sie zerstören die Grundlage der palästinensischen Landwirtschaft. Es ist sehr hart für die Menschen, ohne Land und Wasser auszukommen. Der Siedlungsbau ist das größte Hindernis für einen Frieden. Mein Film wird das Problem nicht aus der Welt schaffen, aber nach der Veröffentlichung hat es zumindest für heftige Diskussionen gesorgt.

In Deutschland sieht man die Sache so: Es gibt eine radikal islamische Hamas, die ständig Raketen abfeuert und die Israelis, die ihr Existenzrecht  verteidigen müssen. Wer was anderes sagt, ist ein Antisemit.
Deutschland ist aufgrund seiner Geschichte ein Sonderfall. Ich bedauere essehr, was den Juden in diesem Land widerfahren ist. Wir sind aber nicht die Deutschen, wir haben denen nichts getan. Der Holocaust fand nicht in Ramallah statt, also was habt ihr für ein Problem mit den Palästinensern? Wir sind selbst Semiten und können nicht gegen uns selbst sein. Israel hat das Wort für sich besetzt und nutzt es als Waffe gegen jede Kritik. Man muss hier auch differenzieren. Israel zu kritisieren heißt nicht das israelische Volk zu kritisieren. Israel ist ein Land wie jedes andere auch und wie jedes andere kann man es natürlich kritisieren. Die Juden wegen ihrem Glauben und Rasse kritisieren ist eine andere Sache, die hier gar nicht zur Debatte steht.
Tatsache ist, dass Israel uns aus unserem eigenen Land vertreibt. Wir sind hier die Opfer. Die ganze Diskussion über Holocaust und den Umgang mit den Juden und die herrschende Atmosphäre ist sehr beschämend. Die meisten Intellektuellen ziehen es lieber vor zu schweigen, weil ihre Karriere ganz schnell vorbei sein kann.

Israel bezeichnet die Mauer um die Westbank als eine „Sicherheitsmauer“, wer muss eigentlich vor wem geschützt werden?
Vor zwei Monaten habe ich an der Universität von Tel Aviv gesagt, dass ich nicht gegen die Mauer bin. Ich würde sogar beim Aufbau helfen. Ich bin aber gegen den Verlauf der Mauer. Wenn ihr eine Sicherheitsmauer bauen wollt, dann macht das, aber in eurem eigenen Land. Ihr baut die Mauer mitten durch palästinensisches Gebiet und nennt es Sicherheitsmauer. Wenn damit Israelis geschützt werden sollen, warum siedelt ihr sie in der Westbank an? Die Mauer dient nicht der Sicherheit, sie ist eine rassistische Mauer, um Land und Wasser zu rauben. Die Grenze zwischen Israel und Palästina ist 315 km, die Mauer dagegen über 600 km lang. Es verläuft im Zickzack, nimmt Land und Wasser ein und umgibt die illegalen israelischen Siedlungen.

Der Film wurde zuletzt von dem türkischen Sender Hayat TV ins Türkische übersetzt und vertont. Er soll demnächst in der Türkei ausgestrahlt werden. Welche Wirkung sollte der Film bei den türkischen Zuschauern haben?

Es ist für die Türkei an der Zeit, endlich eine klare Position zu ergreifen. Es ist das größte und fortgeschrittenste muslimische Land in der Region. Und lange Zeit war es ein guter Verbündeter Israels. Wir haben keinerlei Bemühen zur Lösung des Konflikts vernommen. Ich glaube nicht an Politiker, aber aufgrund seiner israelkritischen Äußerungen ist der türkische Ministerpräsident Erdogan für viele Palästinenser ein Held. Nicht weil sie glauben, dass Erdogan sie befreien wird, sondern weil jemand endlich etwas gesagt hat.
Ich glaube, wenn das türkische Volk die Wahrheit in Gaza erfährt, wird es
sich empören und etwas tun.
Interview Kurtulus Mermer
Dıe Eıserne Mauer wırd am 17. September um 20 Uhr auf HayatTV ausgestrahlt.


DIE EISERNE MAUER

Seit über 60 Jahren dauert der Konflikt zwischen Israel und Palästina an.Unzählige Menschen sind ihm zum Opfer gefallen. Verhandlungen für einen dauerhaften Frieden sind abermals gescheitert. Die Mehrheit der Menschen in Deutschland weiß nicht viel über diesen Konflikt. Vielmehr herrscht hier eine von den Medien vermittelte Meinung, die sich folgendermaßen zusammenfassen lässt: Auf der einen Seite gibt es die bösen Araber mit ihrer islamistischen Hamas, die ständig Raketen auf israelische Gebiete abfeuert und auf der anderen Seite die guten Israelis, die ständig ihr Existenzrecht verteidigen müssen. Doch die Realität sieht anders aus.

„Die Eiserne Mauer“, so heißt der Dokumentarfilm des palästinensischen Filmemachers Mohammed Alatar, gibt einen Einblick hinter die Kulissen dieses Konflikts. Seit seiner Gründung 1948 hat der israelische Staat nicht aufgehört, sein Territorium stetig zu vergrößern. Heute sind den Arabern, die ursprünglich Palästina besiedelten, nur der Gaza-Streifen und die Westbank geblieben. Und selbst diese Gebiete sind nicht mehr sicher. Denn der Siedlungsbau, vorangetrieben von zionistischen Siedlern, drängt immer weiter in palästinensische Gebiete vor. 200 Siedlungen mit 450.000 Siedlern gibt es derzeit in der besetzten Westbank ? obwohl es nach internationalem Recht keine einzige geben dürfte. Doch Recht und Gesetz existieren hier schon lange nicht mehr. Da werden palästinensischen Bauern die Olivenbäume einfach abgerissen, ihre Häuser mit Bulldozern dem Erdboden gleich gemacht, Ausgangssperren verhängt, Häuser von Arabern werden vor den Augen der Armee von Siedlern geplündert und in Brand gesteckt. Tagtäglich wird den Arabern in den besetzten Regionen das Leben zur Hölle gemacht.
Seit 2005 wird von Israel eine „Sicherheitsmauer“ um die Westbank errichtet. Sie ist 650 Kilometer lang und mit 7,5 Meter doppelt so hoch wie die Berliner Mauer. Sie verläuft nicht etwa an der Grenze, sondern schlängelt sich tief ins Palästinensergebiet hinein. Sie raubt dabei Land und Wasser. Die zur Beendigung des Konflikts vorgeschlagene Zweistaatenlösung wird unmöglich, weil ein eigenständiges Palästina nicht lebensfähig ist.

Der Film zeigt welche, Systematik hinter dem Bau von Siedlungen steckt und wie sie von allen bisherigen Regierungen ohne Ausnahme vorangetrieben werden. Die Brutalität der radikalen Siedler ist erschreckend. Um sich den Vorwurf der Einseitigkeit nicht einzufangen, lässt Alatar in seinem Film sowohl Palästinenser als auch Israelis zu Wort kommen. Beide sprechen eine klare Sprache: Es ist ein Kampf mit ungleichen Waffen.

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