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„Es wird die Ärmsten und Schwächsten Treffen“

Onur Kodas
„Deutschland erholt sich überraschend gut von der Wirtschaftskrise“. So berichten die Zeitungen seit Ende der Sommerferien. Ist die Krise vorbei? Wird sich die Konjunktur auf die deutsche Wirtschaft auswirken? Zumindest laut „Wirtschaftsexperten“: Ja! Nach den Prognosen der Europäischen Union soll Deutschland 2011 ein Wirtschaftswachstum von 3,4 Prozent haben. Aber der Aufschwung wird nicht in der arbeitenden Bevölkerung ankommen. Im Gegenteil: Jetzt sollen die Bürgschaften und Subventionen der Krise wieder in die Staatskassen eingeholt werden, und das auf Kosten -nicht der Banken und Konzerne, sondern – der Arbeiter, Angestellten, Erwerbslosen und Rentnern.
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) stellte letzte Woche in der ersten Lesung sein Sparprogramm für den Bundeshauhalt 2011 vor. Demnach möchte Schäuble in den kommenden vier Jahren, bis 2014, ganze 80 Milliarden Euro sparen.

Sparpaket, ein kleiner Überblick:
Fünf Milliarden soll die Wirtschaft bringen, zum Beispiel durch die Brennelementesteuer der Atomkraftwerksbetreiber und durch die ökologische Luftverkehrsabgabe. Im Verwaltungsbereich sollen 2,3 Milliarden Euro zu holen sein. Die „Streitkräftereform“ ist so unsicher, dass es frühestens 2013 Einsparungen geben wird. Auch die Beteiligung des Bankensektors wird frühestens 2012 als zusätzliche Geldquelle herhalten. Bleibt noch der Sozialbereich, die allein schon 2011 fünf Milliarden bringen. Maßnahmen von der Abschaffung des Elterngelds und des Rentenzuschusses für Hartz IV-Empfänger und Einsparungen bei der Bundesagentur für Arbeit. Hier werden Pflichtleistungen durch Ermessensleistungen ersetzt.
Beim Bund: Weniger Stellen und weniger Weihnachtsgeld
Beim Bund sollen bis einschließlich 2014 zwischen 10.000 bis 15.000 Stellen dauerhaft abgebaut werden. Im direkten öffentlichen Dienst des Bundes gibt es 129.000 Beamte und 149.000 Angestellte. Zudem sollen die Bundesbeamten 2011 auf die geplante Erhöhung des Weihnachtsgeldes verzichten. „Durch den Verzicht auf die geplante Erhöhung des Weihnachtsgeldes für Beamte in 2011 werden die Bezüge gegenüber dem geltenden Recht um 2,5 Prozent abgesenkt.“ Das soll Einsparungen in Höhe von 800 Millionen Euro jährlich ergeben.

Umfangreiche Einsparungen beim Arbeitsministerium
Zweitgrößter Posten sind nicht näher beschriebene Einsparungen im Haushalt der Bundesagentur für Arbeit (BA) im Volumen von 1,5 Milliarden Euro 2011. 2012 soll die BA 2,5 Milliarden und in den beiden Folgejahren jeweils 3,0 Milliarden Euro einsparen.
200 Millionen Euro werden gespart durch die Abschaffung des Überbrückungszuschlages beim Übergang vom Arbeitslosengeld I in das Hartz-IV-System. Zudem werden bei den Arbeitsmarktprogrammen und Personalkosten für Hartz IV im nächsten Jahr 500 Millionen Euro gekürzt.Der Sparbeitrag des Arbeitsministeriums summiert sich 2011 auf 4,3 Milliarden Euro von insgesamt 11,2 Milliarden Euro. Im Jahr 2014 beträgt der Sparanteil 10,2 Milliarden von dann insgesamt 26,6 Milliarden Euro.

Der kleine Mann zahlt
Der Bundeswirtschaftsminister ist immer noch der Ansicht, dass sich diese Sparmaßnahmen „positiv“ auf die Bevölkerung auswirke und die Regierung „auf dem richtigen Weg sei“. Doch sicher ist: Diese Sparmaßnahmen sind lediglich Nebenwirkungen der Krise. Die Abgaben dienen dazu, um die Löcher zu stopfen, die bei der Rettung der Banken und Großkonzerne entstanden sind. Es ist doch offensichtlich, dass die Luftverkehrsunternehmen diese Steuern auf ihre Kunden übertragen werden. Dasselbe gilt auch für die Brennelementesteuer, wonach angeblich die Kernkraftkonzerne ab 2011 zahlen sollen. Dies wird nur dazu führen, dass der Strom gleichzeitig weiterhin verteuert wird. Diese Politik ist nichts anderes als die Abwälzung der Folgen der Krise auf die Bevölkerung. Hinzukommt, dass direkte Einsparungen im Sozialsystem die Ärmsten und Schwächsten am härtesten treffen werden. Bei Anbetracht der Eckpunkte des Sparpakets werden im kommenden Jahr die Zuschüsse für Arbeitslose, die von Arbeitslosengeld I zu Arbeitslosgeld II wechseln, komplett gestrichen werden. Für Hartz-IV-bedürftige Familien werden die Rentenzahlen ebenfalls vollständig gestrichen. Zukünftig werden die bedürftigen Familien auch keinen Anspruch mehr auf Elterngeld haben. Ebenfalls entfallen für die Wohngeldbezieher die Heizkostenzuschüsse. Mit diesen Maßnahmen wolle man in den kommenden fünf  Jahren über 51 Milliarden sparen. Hinzu kommt die Gesundheitsreform, demnach gesetzlich-versicherte Kassenpatienten mit der Anhebung des Kassenbeitrags von 14,9 auf 15,5 Prozent mehr Abgaben haben. Mithin können die Kassen Zusatzbeiträge erheben.

Erheblicher Widerstand angekündigt
Gewerkschaften, Sozialverbände und die Opposition reagieren empört über die Sparmaßnahmen von Schäuble und haben Protest angekündigt. DGB-Chef Michael Sommer erklärte: „Das sogenannte Sparkonzept der Bundesregierung ist ein Dokument der Perspektivlosigkeit und sozialen Schieflage“. Frank Bsirske, Vorsitzender der Gewerkschaft ver.di, kritisierte die Lobbyismus-Politik der Regierung und machte darauf aufmerksam, dass die Regierung den Hoteliers Milliarden schenkte und die Bevölkerung dafür „bluten ließ“.

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