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Ausbau des Niedriglohnsektors

Hartz IV-Betroffene dürfen mehr „Zuverdienst“ behalten, lauten die neusten Schlagzeilen. Es geht um die so genannten 1,4 Millionen „Aufstocker“ unter den über 6 Millionen Hartz IV-Betroffenen, die wegen ihres Niedriglohns auf Hartz IV-Gelder angewiesen sind, um ihr Existenzminimum zu sichern.
Konkret sehen die neuen Pläne von Ministerin von der Leyen wie folgt aus: Wie bisher werden bis zu 100 Euro des Brutto-Verdiensts nicht auf das Arbeitslosengeld II (Hartz IV) angerechnet. Von den 101 bis 1.000 Euro des Bruttoverdienstes (bisher bis 800 Euro) werden 80 Prozent vom Arbeitslosengeld II abgezogen. Ab 1.000 Euro des Bruttoverdienst (bisher ab 800 Euro) werden 90 Prozent vom Arbeitslosengeld II abgezogen. Also nur für diejenigen „Aufstocker“, die einen Bruttolohn von über 800 Euro erhalten, erhöht sich das tatsächliche Gesamteinkommen monatlich um 10 Cents bis 20 Euro.
Dem Sozialstaat nähergekommen
Ministeriumssprecher Jens Flosdorff sagte in Berlin, die Regelung solle im Juli in Kraft treten. Am 16. Oktober soll der Koalitionsausschuss und am 20. Oktober das Kabinett darüber beraten. Im Jahr 2012 solle geprüft werden, ob weitere Veränderungen bei den Zuverdienstmöglichkeiten vorgenommen werden könnten, sagte Flosdorff. FDP-Generalsekretär Christian Lindner sagte in Berlin, die Koalition sei mit dem Einstieg in eine Verbesserung der Zuverdienstmöglichkeiten dem „aktivierenden Sozialstaat einen Schritt näher gekommen“. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit würden derzeit mehr als 300.000 Hartz-IV-Empfänger von der Verbesserung bei den Zuverdienstmöglichkeiten profitieren.
Verhöhnung von
Niedriglöhnern
Laut von der Leyen soll damit „Anreize für Hinzuverdiener, mehr Stunden und damit vollzeitnäher zu arbeiten“ geschaffen werden. Eine unverschämte Verhöhnung der Betroffenen. Tatsächlich haben nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg ein Großteil der so genannten „Aufstocker“ bereits einen Vollzeitarbeitsplatz, von dem sie und ihre Familie allerdings nicht existieren können. Ihren Niedriglohn als „Zuverdienst“ zu bezeichnen und von ihnen mehr Überstunden zu fordern, zeigt bereits die ganze Scheinheiligkeit der von der Leyen-„Reform“. Laut der Bundesagentur werden nach dieser „Reform“ auch nur rund 308.000 „Aufstocker“ auf die 10 Cent bis 20 Euro mehr im Monat hoffen können, weil sie zwischen 800 bis 1.000 Euro auf ihrem Vollzeitarbeitsplatz verdienen.
Derzeit gibt es fast 1,4 Millionen erwerbstätige Hartz-IV-Bezieher. Gut die Hälfte dieser Aufstocker – rund 740.000 – verdient weniger als 400 Euro im Monat. Die Mehrheit der „Aufstocker“ hat lediglich einen der gesetzlich festgelegten so genannten Jobs auf 400 Euro-Basis. Egal, wie viele Stunden sie dafür arbeiten müssen, erhalten sie doch immer nur maximal 400 Euro dafür, von denen weiterhin 160 Euro auf das Arbeitslosengeld angerechnet werden.
Mindestlohn statt
Niedriglohn
Die Reformen von Ministerin von der Leyen zielt darauf ab, den Niedriglohnsektor zu festigen und auszubauen. Mit mehr als 11 Milliarden Euro Steuergelder jährlich für „Aufstocker“ finanziert der Staat bereits die Ausbeutung im Niedriglohnsektor. Das ist der Weg des „Kombilohns“: ein Teil der Löhne, die von den Unternehmen gezahlt werden müssten, werden aus Steuergeldern bezahlt.
Durch diese neue Reform wird lediglich der Niedriglohnsektor wieder einmal subventioniert. Solange es keinen ordentlichen Mindestlohn gibt, wird der Steuerzahler Milliarden Euro bezahlen, um Hungerlöhne aufzustocken. Und Argument, dadurch würden Arbeitsplätze entstehen du gesichert werden, hat sich bisher gar nicht bestätigen können, Im Gegenteil: Arm trotz Arbeit ist Alltag!

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