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Der neue Konflikt im Nahen Osten

Im Nahen Osten keimt nun ein weiterer Konflikt auf. Die Türkei droht nun Israel mit ihrer Marine, die ihre Transportschiffe mit den Hilfsgütern für den Gazastreifen begleiten sollen.

Onur Kodas

Vor kurzem veröffentlichten die Vereinten Nationen (UNO) ihren sogenannten Palmer-Bericht über den Überfall der israelischen Spezialeinheit am 31. Mai 2010 auf das türkische Transportschiff „Mavi Marmara“. Die Hilfsflotte transportierte Nahrungsmittel, Kleidung, Spielzeug und andere Hilfsgüter zum Gazastreifen. Nachdem israelische Soldaten per Schiff und Hubschrauber die Hilfsflotte angriffen und das Schiff stürmten, verloren acht türkische Aktivisten bei Ausschreitungen ihr Leben. In dem 105-Seiten umfassenden Bericht kritisiert die UNO den israelischen Militäreinsatz und wertet dies als „exzessiv“ und „unverhältnismäßig“. Die UNO empfiehlt Israel deshalb eine Entschuldigung und Entschädigung. Auf der anderen Seite ist die UNO allerdings der Auffassung, dass die israelische Seeblockade „rechtmäßig“ und „angemessen“ sei, heißt es in dem Bericht weiter.

Türkische Regierung auf Konfrontationskurs
Der Vorfall belastet die türkisch-israelischen Beziehungen sehr. Die türkische Regierung wartet noch immer vergebens auf eine Entschuldigung seitens der israelischen Regierung. Doch diese verweigern jegliches öffentliches Bereuen. Kurz nach der Veröffentlichung des Berichts wies die Türkei den israelischen Botschafter des Landes und kündigte umgehend jegliche rüstungstechnische Zusammenarbeit. Die Tageszeitung Junge Welt berichtet, dass nach diesen Ereignissen der Börsenkurs einiger israelischer Unternehmen abgesunken sei. Doch es bleibt nicht nur bei der Kündigung von Diplomatie und den wirtschaftlichen Beziehungen. Die konservativ liberale AKP-Regierung geht allerdings noch einen Schritt weiter und droht damit, dass die israelische Marine im östlichen Mittelmeer nicht mehr beliebig verfahren könne. Ministerpräsident Recep Tayip Erdogan konkretisiert die türkischen Interessen. In einem Interview verdeutlichte er, dass die Türkei nicht mehr zulassen werde, dass Israel „einseitig“  die riesigen Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer ausbeute. Zudem werde man nicht mehr zulassen, dass Schiffe unter türkischer Flagge nochmals Ziel von Angriffen Israels werden. Die Türkei behalte sich das Recht vor, die territorialen Gewässer im östlichen Mittelmeer zu kontrollieren.
Zwischenzeitlich hat die Türkei auch Klage vor dem internationalen Gericht in Den Haag erhoben und lässt prüfen, ob die Seeblockade rechtmäßig ist. Des Weiteren verkündete der türkische Premier, dass die Türkei sich für die Anerkennung Palästinas bei der UN-Generalversammlung  am
20. September stark machen werde. Er beabsichtige zudem einen offiziellen Besuch, um den internationalen Focus auf Gaza zu lenken. Parallel dazu drohte die Türkei auch Zypern. Der nicht türkisch-besetzte Teil der Insel sucht im Mittelmeerraum in Kooperation mit Israel nach Öl und Gas.
Die türkische Regierung sorgt aktuell in seiner Aussenpolitik für viel Furore. Die „Null-Problem“- Politik nach Aussen ist wie eine Seifenblase zerplatz. Und das nicht erst seit den Drohgebärden an Israel. So was kommt gegenwärtig in der arabischen Welt gut an, auch wenn in leisen Tönen gesagt wird, dass die Türkei die Handelsbeziehungen zu Israel aufrecht erhalten wird. Vieles deutet auch darauf hin, dass die Türkei damit von den inneren Spannungen und den Einmarsch in den Nord- Irak ablenken möchte.
Israel stellt sich stur
Trotz der Drohungen lässt sich Israel nicht von seiner Haltung abbringen und verweist auf den UN-Bericht. Die Seeblockade sei rechtmäßig und darum ginge es, sagte ein Mitarbeiter der israelischen Regierung. Der rechtskonservative Außenminister Avigdor Liebermann droht der Türkei, im Gegenzug zu den türkischen Handlungen, die kurdische Organisation PKK sowohl finanziell als auch in militärischer Hinsicht zu unterstützen. Des Weiteren kündigte Liebermann an, die USA endlich dazu zu bringen zu wollen, den Völkermord der Türken an den Armeniern öffentlich anzuerkennen. Israel sowie die Türkei scheuen nicht davor zurück, die schmutzige Wäsche des jeweils anderen offen auf den Tisch zu legen, um sich in einer reinen Weste zu zeigen.

Gazastreifen nur Vorwand
Die Weltpolitik verfolgt diesen aufkeimenden Konflikt mit höchstem Interesse. Die bürgerliche Presse in Deutschland ergreift jetzt schon Partei: Wenn aus zu Ausschreitungen kommen sollte, würde die Türkei völkerrechtswidrig handeln, weil die israelische Seeblockade schließlich rechtmäßig sei. Aber auch in diesem Konflikt wird mal wieder „schwarz-weiß-gemalt“. Mal davon abgesehen, dass es bei einer Ausschreitung zum Tode von vielen Unschuldigen kommt, werden doch zwei wesentliche Punkte deutlich. Die Türkei hat große Ambitionen, eine Vormachtstellung im Nahen- und Mittleren Osten auszubauen. Deshalb legt sie auch ihre bisher aufgesetzte „Maske“ (Null Probleme mit den Nachbarn) ab und deklariert offenkundig ihr Vorhaben. Sie scheut nicht davor zurück, auch militärisch zu drohen und wenn es sein muss, sogar mit Krieg. Hinzu kommt, dass der Vorstoß, Palästina als Staat zu akzeptieren und die UNO dazu zu bringen, es ebenfalls zu tun, lediglich den Hintergrund hat, dass die Aufteilung der Ölvorkommnisse in diesem Gebiet nicht mehr hauptsächlich an Israel gehen sollen. Wie in allen Konflikten und Kriegen auch wird auch hier deutlich, dass diese lediglich als Mechanismus dienen, um einzelne finanzielle- oder Machtinteressen durchzusetzen oder zu stabilisieren. Auf Kosten der dortigen Bevölkerung!

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