Written by 21:15 HABERLER

Die Türkei steigt bei Internet-Zensur in die Champions-League auf

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Ungeachtet der kürzlich angestossenen Debatte um ein weiteres „Reformpaket zur Demokratisierung“ hat die AKP-Regierung am 5. Februar ein neues Gesetz verabschiedet, mit dem das Internet zensiert werden soll. Es sieht u.a. vor, dass der Vorsitzende der staatlichen Telekommunikationsbehörde TIB ohne Gerichtsbeschluss Internetseiten sperren kann. Als Begründung für das neue Gesetz wurde der Schutz von Privatsphäre vorgeschoben. Zahlreiche NGOs wie Journalistangewerkschaften und Anwaltskammern protestieren gegen das neue Gesetz. Eine Protestdemonstration in Istanbul wurde mit Polizeigewalt aufgelöst.

Nach dem neuen Gesetz wird TIB ermächtigt, in „begründeten Fällen von Verletzung der Privatsphäre“ oder „Beleidigung° Internetseiten ohne Gerichtsbeschluss zu sperren. Ferner werden Provider verpflichtet, Verbindungsdaten von Internetnutzern zwei Jahre lang zu speichern. Der Inhaber der betroffenen Seite kann gerichtlich gegen die Entscheidung des TIB-Vorsitzenden vorgehen. Doch bis zu einem Gerichtsbeschluss bleibt seine Seite gesperrt.

Nach Meinung des Vereins für Alternative Kommunikation steigt die Türkei bei Internetzensur in die Champions-League auf. In seiner Erklärung wies er darauf hin, dass bereits bestehende menschenrechtswidrige Praktiken mit der neuen Regelung auf eine Gesetzesgrundlage gestellt würden. Im Jahre 2007 habe der Verein erfolgreich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen die damalige Gesetzesgebung geklagt. Die jetzigen Regelungen gingen jetzt weiter und seien ein weiterer Verstoss gegen internationale Menschenrechtsabkommen. Auch der Journalistenverband (TGC) kritisierte das Gesetz als einen offenen Verstoß gegen Menschenrechte und Pressefreiheit. Auch Datenschutzrechte würden damit mit Füßen getreten.

Die EU-Kommission bezeichnete das neue Gesetz als „bedenklich im Bezug auf das Recht auf Informationsfreiheit“. Ihr Sprecher Peter Stano kritisierte, mit dem Gesetz werde dieses Recht unter Regierungskontrolle gestellt.

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