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Dioxin – Wenn Kapitalismus sich entfaltet

Es kommt immer wieder zu Verunreinigungen und Vergiftungen der Nahrung. BSE, Gammelfleisch, Antibiotika-Fleisch, Schimmel in Getreide und Broten, Pestizide auf Obst und Gemüse, Dioxin in Eiern und Geflügel… Die Liste kann man endlos weiterführen und erweitern. Längst gewöhnt haben wir uns an Hormone und Medikamentenreste, Chemikalien und Gifte auf dem Esstisch. Lebensmittelimitate und –stoffe wie Käseersatz konsumieren wir tagtäglich, meist, ohne uns bewusst zu sein, dass wir das zu uns nehmen. Dennoch ist das Ausmaß des aktuellen Dioxinskandals erschreckend. Nach neuester Meldung stammen die Dioxine in der deutschen Nahrungsmittelproduktion aus Pflanzenschutzmitteln. Bereits 2007 machte Dioxin wiederholt Schlagzeilen in unserer täglichen Nahrung. Damals galt Fisch als stark belastet und heute könnte er wieder als Alternative zum Dioxin-Geflügel den Weg in den Kochtopf oder Backofen finden. Erschreckend dabei ist, dass die Medien sich in ihrer Berichterstattung leider nur auf die aktuelle Situation beziehen und ausblenden, was sie alle Jahre wieder thematisierten. Man könnte bei der Häufigkeit der Lebensmittelskandale glatt die These aufstellen, dass aus kommerziellen Gründen eine systematische Vergiftung der Bevölkerung mit Landzeitfolgen in Kauf genommen wird. Leider, so stellen wir die Tage fest, ist es nicht nur eine These, sondern Fakt, wie wir das in der aktuellen Berichterstattung sehen können.
Und was wird als Grund angegeben? Natürlich die Verbraucherinnen und Verbraucher! Wenn diese nämlich höherwertige Lebensmittel, am besten Bioprodukte, einkaufen würden, würden sie sich auch nicht vergiften! So schön und einfach kann man die Verantwortung abladen. Mal abgesehen davon, dass im Zeitalter der Niedriglöhne und Verteuerung es nur noch wenigen Menschen überhaupt möglich ist, so einzukaufen, zeigen alle Probleme auf das Grundproblem: Die Ursachen dafür liegen im System!
Das Einkommen der Mehrheit der Bevölkerung sinkt seit Jahren, während die Lebensmittelpreise so hoch sind, wie nie zuvor. Neben ihrem Arbeitseinkommen sind viele Menschen auf staatliche Sozialleistungen angewiesen, die für ein würdevolles Leben nicht ausreichen. Der ökologische Anbau und die artgerechte Tierhaltung sind für die Betriebe nicht mehr profitabel machbar. Also werden auch in den Betrieben die Kosten zu Lasten der Verbraucher, Umwelt und Beschäftigten immer mehr gedrückt. Und das gibt Tiernahrungsmittelherstellern die Möglichkeit des maximalen Profits durch –wenn es sein muss?- billige Gifte!
Der Skandal um dioxin-verseuchtes Tierfutter sich immer mehr aus. Die eigentlich nur für die Herstellung technischer Schmiermittel geeigneten Fette, die der Tiernahrung beigemischt wurden, sind sogar viel giftiger, als bisher veröffentlicht. Nach Auskunft des Kieler Agrarministeriums enthielt die Tiernahrung bis zu 78-mal so viel Dioxin wie offiziell. In neun von zehn Fällen lag die Belastung über dem Grenzwert von 0,75 Nanogramm Dioxin pro Gramm. Inzwischen ist veröffentlich worden, dass neben Geflügel und Eiern auch Schweinefleisch betroffen ist. Allein Niedersachsen rechnet wegen des Futters mit Zehntausenden dioxinbelasteten Schweinen. Das Land hat vorsorglich insgesamt 3285 Schweine-Betriebe mit einem vorläufigen Handelsverbot belegt. Die Firma Harles und Jentzsch in Uetersen hat offenbar schon im März 2010 durch sein eigenes Labor von den vergifteten Rohstoffen in ihrem Produktionsprozess gewusst. Durch Vermischung ist das verseuchte Futter verdünnt worden, so dass das fertige Tierfutter dann die Grenzwerte nicht mehr überschritten hat. Hieran zeigt sich klar und offen, dass Grenzwerte willkürlich festgelegt werden und längerfristig keine Bedeutung mehr haben. Denn Dioxin reichert sich im Fettgewebe an und ist langfristig stark krebserregend. Grenzwerte orientieren sich jedoch daran, was bei akuten Vergiftungen passiert. Da scheint ein einzelnes Ei oder der verdünnte Dioxingehalt im Futtergemisch „harmlos“, aber viele Eier in vielen Monaten sind eine große Gefahr.

Große Monopol mischen mit
Harles und Jentzsch gehörte bis 1993 zum Henkel-Konzern. In Uetersen werden pflanzliche und tierische Fette, für deren Herstellung unter anderem Schlachtereien aus ganz Schleswig-Holstein und Niedersachsen Abfälle, Knochen, Speck und Talg toter Tiere anliefern, zu zwanzig verschiedenen Futterzusatzmitteln verarbeitet. Auch andere Futtermittelhersteller sind Ableger von Chemie- und internationalen Agrarmonopolen und sind in der Tierfutterherstellung tätig. So hat sich „ReFood“, ein Unternehmen aus der SARIA Bio Industries-Gruppe, auf das Einsammeln und Aufbereiten von Lebensmittelresten aus Kantinen, Großküchen, Hotel- und Gaststättengewerbe, Lebensmitteleinzelhandel und Lebensmittelproduktion spezialisiert. Auch BASF oder Henkel machen damit Geschäfte. Für eine Tonne Industriefett liegt der Erlös bei etwa 500 Euro, während man mit einer Tonne Futterfett 1.000 Euro verdienen kann. Ist dann doch selbstverständlich, wofür man sich als profitorientierter Konzern entscheidet!
Verbrechen des Kapitalismus
Die Nahrungsmittelhersteller sind genauso wie alle anderen Unternehmen darauf bedacht, effektiv und mit dem geringsten Einsatz von Mitteln den größtmöglichen Gewinn zu erzielen. Das schützt Verbraucher nicht, auch wenn sie teure Lebensmittel einkaufen – hier droht die Gefahr, dass die Gewinnspanne noch größer ist. Medien versuchen jedoch, den Eindruck zu erwecken, dass der Verbraucher teurere Produkte bevorzugen soll, seiner Gesundheit willen. Doch Dioxin und Umweltgifte sind überall gegenwärtig – auch wenn sie unterhalb der Grenzwerte liegen. Es ist direkt gesagt verarsche, jetzt bei den Verbrauchern den Anschein zu erwecken, dass Qualität nur am Preis zu erkennen sei. Es ist menschenunwürdig und -verachtend, wenn nicht genügend Geldmittel für die Ernährung zur Verfügung stehen. Im Zusammenhang mit den Kommunismus-Diskussionen unserer Tage, muss man die Frage stellen, ob die dem Kommunismus vorgeworfenen „Verbrechen“ schlimmer sind, als die systematische Vergiftung der gesamten Bevölkerung! Die eine Milliarde hungernder Menschen in der Welt sind ein Resultat des Kapitalismus, der mit der gleiche Härte Hungertote akzeptiert, damit Profit erzielt werden kann!
Gesundheit, Wohlstand und Wohlbefinden sind im Kapitalismus von der ökonomischen Situation stark abhängig. Da mangelt es an jeglicher Moral und Ethik. Der Kapitalismus birgt als Wirtschaftsordnung sehr große Gefahren, z.B. den Hungertod oder die Vergiftung ganzer Bevölkerungsgruppen.
Dioxin und andere Gifte in Unmengen
Vor einigen Jahren wurde der Nahrungsmittelindustrie vorgeworfen, dass sie ihre Chemikalien einfach aufteilte, um so die Grenzwerte für Pestizide zu umgehen. In der Gesamtheit der verwendeten Pestizide war festzustellen, dass Obst auf dem Markt war, das weit aus belasteter war, als vor der Senkung der Grenzwerte der Einzelpositionen. Dioxin ist nur ein giftiger Bestandteil, der in der großen Summe verheerende Wirkungen auf den menschlichen Körper hat. Bei der heutigen Nahrungsmittelproduktion liegt alles aus „Geheimrezept“-Gründen oder zum Schutz der Marke bzw. der Konkurrenz versteckt. Da kann jeder kommen und dem Verbraucher alles verkaufen, was angeblich gesund sein soll! Und Verbraucherschutz, wie das unsere Verbraucherschutzministerin Aigner vertseht, ist mehr als nur einfach zu empfehlen, Bio- oder Ökoprodukte zu essen aus Kompromissen zu Gunsten der Mehrgewinne der Nahrungsmittelindustrie.
Profitverzicht jetzt!
Arbeiterinnen und Arbeitern, Angestellten, Rentnerinnen und Rentner wird ständig gesagt, dass sie nicht mehr Geld fordern dürfen, weil das der gesamten Gesellschaft schade! Warum kann zu Gunsten der Gesundheit nicht auch mal die (Lebensmittel-)industrie auf Gewinne verzichten und anstatt Quantität – Qualität – produzieren? Von einem fortschrittlichen System kann man nicht reden, wenn die Bevölkerung nach und nach vergiftet wird. Aber längst ist das schon zum neuen Geschäftsmodell der Chemieindustrie geworden. Die Vergiftung von Mensch, Tier und Umwelt wird der Profitgier untergeordnet. Kinderarbeit, Armut, menschenunwürdige Bedingungen in Produktionsstätten, Tierquälerei und die Ausbeutung der Natur in der ganzen Welt. Nächsten Monat oder etwas später wird uns wieder ein Nahrungsmittelskandal einholen und das wird nie enden, so lange das System so bleibt, wie es ist!


Oktay Demirel

Was ist Dioxin?


Polychlorierte Dibenzo-p-dioxine und Dibenzofurane (PCDD/PCDF) sind zwei Gruppen von chemisch ähnlich aufgebauten chlorierten organischen Verbindungen. Sie werden im allgemeinen Sprachgebrauch und teilweise auch in der Literatur als Dioxine zusammengefasst. Sie entstehen als Nebenprodukte bei der Herstellung chlororganischer Chemikalien oder bei Verbrennungsreaktionen. Die giftigste Einzelverbindung unter den Dioxinen ist das sogenannte „Sevesodioxin“ (2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin, kurz 2,3,7,8-TCDD). Polychlorierte Dioxine und Furane können bereits in geringen Mengen die Entstehung von Krebs aus vorgeschädigten Zellen fördern. Als langlebige organische Schadstoffe werden sie in der Umwelt kaum abgebaut, Spuren von polychlorierten Dioxinen und Furanen kommen überall auf der Welt vor. Über die Nahrungskette reichern sie sich in lebenden Organismen an. Der Mensch nimmt Dioxine vor allem über tierische Nahrungsmittel (Fisch, Fleisch, Eier, Milchprodukte) auf. (Quelle: wikipedia.de)

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