Written by 10:28 HABERLER

DPD Duisburg: Erfolgreicher Kampf endet in einer Niederlage

Viele werden sich an den Kampf beim Deutschen Paketdienst (DPD) in Duisburg erinnern – auch Yeni Hayat berichtete. In seinem Depot in Duisburg-Hüttenheim wollte DPD Kosten sparen, indem sie einen Teil der Arbeit an den Subunternehmer und Leiharbeitsbetrieb Ergo Logistics auslagerten. Trotz des Widerstands der Belegschaft gelang DPD zunächst dieses Manöver. Die Logistik-ArbeiterInnen sollten jetzt dieselbe Arbeit zu schlechteren Bedingungen, geringeren Löhne und ohne einen Tarifvertrag verrichten.

Aber die jetzt bei Ergo beschäftigten Arbeiter gaben nicht auf. Sie organisierten sich und konnten in einem zähen Kampf schließlich einen Tarifvertrag durchsetzen. Dieser Erfolg konnte nur erreicht werden, weil alle KollegInnen zusammenhielten, sich nicht spalten ließen und den Kampf gemeinsam führten. Es war nicht das Verdienst einzelner „Anführer“ oder allein des bei Ergo gewählten Betriebsrats, sondern das Ergebnis beruhte auf der Solidarität und Geschlossenheit der ganzen Belegschaft.

Es ist wichtig, diese Binsenweisheit jeden erfolgreichen Kampfs festzuhalten, um besser zu verstehen und beurteilen zu können, was danach geschah. Aufgrund des Tarifvertrags stiegen die Kosten für Ergo und der Subunternehmer geriet in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Dieser Druck wurde schließlich so stark, dass DPD die ausgelagerten Arbeiten im August 2012 wieder selbst übernehmen musste – das heißt, die KollegInnen wurden wieder bei DPD beschäftigt. Dieser Fall zeigt also eindrucksvoll, wie Auslagerungen verhindert oder sogar wieder rückgängig gemacht werden können.

Was leider typisch für die Verhältnisse in vielen deutschen Betrieben ist, war die weitere Entwicklung des Betriebsrats. Nach der Übernahme der Ergo-Arbeiten durch DPD machten die führenden Leute des Ergo-Betriebsrates, der nun mit dem DPD-Betriebsrat vereinigt wurde, eine steile Karriere. Von einfachen Logistikarbeitern stiegen sie zu Team- oder Schichtleitern und im Fall des Betriebsratsvorsitzenden sogar zum Bereichsleiter auf. Das ist eine alte Geschichte, die wir aber immer wieder erleben: Kämpferische Kollegen erhalten von der Firma Angebote für bessere Jobs, günstigere Bedingungen, mehr Lohn usw, weil sich die Firma dadurch eine konfliktfreie Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat erhofft. Genau das ist bei DPD in Duisburg geschehen – und leider funktioniert es. Für DPD macht sich der arbeitgeberfreundliche Betriebsrat bezahlt. Viele Problem, die nach wie vor bestehen, werden einfach ignoriert und Konflikte bewusst verhindert – sei es die unerträgliche Flexibilität bei der Arbeitszeit, sei es, dass Aushilfen ihre Arbeitsrechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaub vorenthalten werden.

WAS KOSTET EIN BETRIEBSRAT?

Um diese „Ruhe im Betrieb“ zu erhalten, schreckt man auch vor repressiven Maßnahmen nicht zurück. Bei der letzten Betriebsratswahl im Juni 2013 fiel auf, dass verdächtig viele Arbeiter per Briefwahl abstimmten – und damit der Liste 4 des bisherigen BR-Vorsitzenden zu einer haushohen Mehrheit (9 von 11 Sitzen) verhalfen. Daher zogen Vertreter der anderen Listen vor das Arbeitsgericht und beantragten, die Wahl für ungültig zu erklären. In der ersten Instanz scheiterte die Klage – Zeugen waren umgekippt und widerriefen ihre Aussagen, das Gericht betrachtete die Beweise als nicht ausreichend und lehnte die Klage am 10. April 2014 ab. Der Gang zum Landesarbeitsgericht ist aber noch möglich. Bisher scheint das Gericht noch nicht ausreichend beachtet zu haben, wie sehr gerade Aushilfen und Leiharbeiter durch einen amtierenden Betriebsrat unter Druck gesetzt werden können, da ihre Weiter- oder Wiederbeschäftigung auch von der Zustimmung des Betriebsrats abhängt.

Aber damit nicht genug: Im Mai 2014 wurde einem der Kollegen, die gegen die Wahl klagten, von DPD – mit Zustimmung des Betriebsrats – fristlos gekündigt, und kurz danach wurde ein weiterer von der Arbeit freigestellt. In beiden Fällen fanden bereits die Gütetermine vor dem Arbeitsgericht Duisburg statt – ergebnislos; es wird also zu Prozessen vor dem Arbeitsgericht kommen. Besonders bedauerlich ist, dass die zuständige Gewerkschaftssekretär von ver.di keine Einwände gegen diese Repression äußert, mit der kritische Stimmen im Betrieb mundtot gemacht werden sollen. Offensichtlich geht es dem zuständigen Gewerkschaftssekretär nur darum, mit der jetzigen Betriebsratsmehrheit gut zusammenzuarbeiten, um den hohen Organisationsgrad, der erst im Kampf gegen die Auslagerung entstanden ist, zu erhalten und neue Mitglieder zu bekommen. Um die eigentlichen Probleme im Betrieb, die durch die „vertrauensvolle“ Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber unter den Tisch gekehrt werden, kümmert sie sich dabei nicht. Aber eines Tages werden die KollegInnen bei DPD erkennen, dass sie ihren alltäglichen Kampf gegen die Arbeitsbedingungen in der Logistikbranche nicht mit diesem Betriebsrat führen können.

 

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