Written by 12:01 HABERLER

Geheimnisse, die Lawinen zum Rollen bringen können

Nunmehr vier Jahre ist es her, dass das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe über die Vorratsdatenspeicherung entschieden hat. Das Urteil erklärt die Speicherung persönlicher Daten, für den Fall, dass man diese irgendwann einmal benötigen könnte, für verfassungswidrig. Auch der europäische Gerichtshof in Luxemburg hat sich nun diesem Urteil angeschlossen. Somit ist sich zumindest die Gesetzgebung auf Bundes- und Europaebene einig darüber, dass die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen durch die Sammlung von Telekommunikationsdaten insbesondere in sozialen Netzwerken ein Eingriff in die Bürgerrechte ist. Genauer gesagt, erklärt das EU-Gericht die bisher aktuelle Richtlinie, mit denen die Vorratsdatenspeicherung versucht wurde zu legitimieren, als einen Eingriff von großem Ausmaß und von besonderer Schwere in die Grundrechte.

Eine Tatsache, die manch einem, in einer Gesellschaft in der es Trend ist, möglichst alles Private und Intime, möglichst mit vielen zu teilen, gar nicht mehr richtig bewusst ist.
Da kommt ein Urteil aus den höchsten Gerichtshöfen gerade recht, um der Gesellschaft vor Augen zu führen, solch eine Möglichkeit der Staatsapparate auch mal selber in Frage zu stellen und nicht auch noch selber zu fördern, indem man sich einem Trend hingibt auf Kosten der persönlichen Transparenz.

Snowdens Aussage eine Gefahr
Auf der einen Seite haben wir Urteile, welche versuchen die Grundrechte eines jeden zu wahren, auf der anderen Seite gibt es Spionage- und Abhörskandale der Geheimdienste, die nicht zuletzt das private Handy der Bundeskanzlerin abgehört hatten und dennoch den Drang von Politikern, nicht mal die eigene Abhörung aufklären zu wollen!
Um diesen Skandal aufzudecken oder zumindest so zu tun, als würde man dies versuchen, wurde der NSA-Untersuchungsausschuss gegründet. Nun hat die Bundesregierung ein Veto eingelegt, dass  Edward Snowden, durch den die Abhör-Informationen erst in die Öffentlichkeit drangen, zur Klärung dieser Geschehnisse vor dem Ausschuss sprechen soll. Das wäre eine Gefahr, die „zu schweren und dauerhaften Belastungen“ führen könne.
In Anbetracht der Thematik stellt sich natürlich die Frage, wen diese Befragung des ehemaligen technischen  Mitarbeiters  der CIA, NSA und DIA  wirklich schwer und dauerhaft belasten würde? In dem 27-seitigen Schreiben des Innenministeriums ist unter anderem zu lesen, dass eine Vernehmung Snowdens, wichtige politische Interessen der Bundesrepublik Deutschland zuwider käme. Es ist die Rede von einer Einschränkung der Zusammenarbeit der US-amerikanischen und deutschen Geheimdienste.
Da fragt man sich, was denn das eigentliche Ziel dieses Ausschusses ist, wenn es nicht von dem mit Abstand wichtigsten Zeugen eine Aussage entgegen nehmen darf.
Sollte ein speziell für diese Problematik gegründeter Ausschuss nicht als oberstes Ziel haben, Licht ins Dunkle zu bringen und sich nicht von wirtschaftlichen Beziehungen in Bezug auf das Ergebnis dieses Verfahrens beeinflussen lassen.

Klar wird, dass alle Parteien um die Geschehnisse, dass Merkels Handy abgehört wurde, bescheid wussten. Nicht im Plan stand, dass die Öffentlichkeit davon mitbekommt. Auch nicht im Plan der deutschen Geheimdienste. Somit ist Snowden auch nicht unbedingt ein Freund der deutschen Geheimdienste, weil er es dem Volk damit erst ermöglicht hat, Fragen zu stellen. Fragen, auf die die Regierung keine Antwort geben will, weil sie es womöglich nicht kann. Aber nicht weil es ihnen nicht möglich ist, sondern weil dies eine Lawine ins Rollen bringen würde, die einem das komplette Ausmaß darüber zeigen würde, wie weit die Geheimdienste in Zusammenarbeit mit der Regierung wirklich gehen, um alles und jeden zu überwachen.
Sichtbar ist hier ein paranoides Verhalten der führenden Mächte, die darauf drängt, alles über jeden wissen zu müssen. Schaut man sich den weltweiten Schauplatz an, dient dieser Überwachungswahn einzig und allein der Tatsache, dass die imperialistischen Großmächte ihre eigenen politischen und wirtschaftlichen Interessen auf Kosten anderer durchsetzen. Deshalb stellen solche Entscheidungen der Gerichtshöfe oder Whistleblower wie Edward Snowden, ein Dorn in deren Auge dar.

 

Aziz Aslan

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