Written by 12:15 HABERLER

„Mitbestimmung muss man durchsetzen“

 Ralf Köpke*
Die Firma Holterbosch ist ein großer Wäschereibetrieb mit ca. 170 Beschäftigten. Sie gehört zur Branche der Textilen Dienstleistungen, also zum Organisationsbereich der IG Metall. Es gibt noch weitere etwas größere Unternehmen, wie CWS-Boco in Krefeld und Neuss oder Bardusch in Geldern, die tarifgebunden sind und auch Betriebsräte haben. Andere kleinere Firmen am Niederrhein der Branche zeichnen sich fast durchweg dadurch aus, dass sie nicht tarifgebunden sind, dass die Bezahlung mehr als dürftig ist, dass betriebliche Mitbestimmung keine Rolle spielt und die Beschäftigten unter Druck stehen, so auch bei Holterbosch. Viele der fast zu 80 % weiblichen 170 Beschäftigten berichten von enormen Druck, kurzfristig angeordneter Mehrarbeit und einem teils rauen Umgangston. Die Fluktuation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist anscheinend sehr hoch, ein Merkmal sind Zeitverträge und die Angst der Beschäftigten, weiter beschäftigt zu werden. Viele Beschäftigte kommen aus dem Ausland, z.B. aus Polen und jüngst verstärkt aus Spanien.

Nun haben sie beschlossen, einen Betriebsrat zu wählen. Sie erhoffen sich für die Zukunft endlich die Umsetzung betriebsverfassungsrechtlicher Regeln und eine Mitbestimmung. Sie erhoffen sich Mitbestimmung bei den Schichtplänen, bei der Einteilung der Mehrarbeit, bei Versetzungen, Einstellungen und Kündigungen, bei Arbeitszeiten, bei Arbeits- und Gesundheitsschutz, kurzum sie erhoffen sich Rechte, Wertschätzung und Mitgestaltung. Die IG-Metall hat in den letzten Monaten mehrfach mit Beschäftigten heimliche Treffen organisiert. Die Angst der Leute vor Repressalien, wenn sie sich offen zur Gewerkschaft bekennen, war anscheinend sehr groß. Als wir zu einer Wahlversammlung eingeladen haben, kam plötzlich zwei Tage vor unserem Termin eine Einladung aus dem Betrieb zu einer Wahlversammlung, u.a. von einer Abteilungsleiterin initiiert. Das war schon merkwürdig. Offen gibt es noch keine Behinderung der Betriebsratswahl. Interessant aber, dass nach unserer Einladung das Unternehmen einen Rechtsanwalt eingeschaltet hat.
Die Betriebsratswahlen sind nun eingeleitet, am 20. März endete die Frist, dass sich Kandidaten zur Wahl melden konnten. Inzwischen gibt es drei verschiedene Listen, die antreten, die Wahl wird am 30. April abgeschlossen sein. Ich bin mir sicher, dass die Beschäftigten von Holterbosch dann auch die Kolleginnen und Kollegen Ihres Vertrauens wählen und sich sicher sind, wer die Interessen der Beschäftigten wirklich vertreten wird.
Es gibt einen schönen Spruch: „Wir haben nichts zu verlieren, außer unsere Angst.“ Genau das trifft auch den Kern bei Holterbosch und in vielen anderen Unternehmen. Es kommt darauf an, dass sich Kolleginnen und Kollegen trauen, etwas an den Arbeitsbedingungen zu ändern, dass sie sich zusammenschließen. Gerade bei Holterbosch hat sich gezeigt, wenn nur ein Paar aufstehen, folgen auch automatisch weitere. Mitbestimmung ist in Deutschland gesetzlich geregelt, darum muss man nicht betteln, das kann man durchsetzen.

* IG-Metall Gewerkschaftssekretär Krefeld

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