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Portugal: Sparmassnahmen verfassungswidrig!

 Nach Massenprotesten gegen die von der Troika und Co geforderten Sparmaßnahmen konnte ein Erfolg für die Menschen in Portugal gesichtet werden.

Das Verfassungsgericht hat seinen von der Troika geforderten Sparkurs in Teilen für verfassungswidrig erklärt. Ohne Haushaltskürzungen sind wiederum die Aussichten auf neue Hilfen von der Troika schlecht und alleine kommt Portugal nicht über die Runden. Was die portugiesische Bevölkerung bei Demonstrationen und Massenprotesten seit Langem zum Ausdruck bringt, ist nun juristisch bestätigt worden: Teile des Sparprogramms verstossen gegen die Rechte der Bürger und sind schlicht und einfach verfassungswidrig.

Das Verfassungsgericht hatte am 5. April nach dreimonatigen Beratungen vier Sparbeschlüsse im Budget 2013 für verfassungswidrig erklärt – unter anderem die Abschaffung der 14. Monatszahlung für Beamte und Rentner sowie die Einführung von Abgaben auf Arbeitslosenhilfe und Krankengeld gekippt. Nach Schätzungen gehen der Regierung dadurch bis zu 1,25 Milliarden Euro verloren, mit denen sie Forderungen der Troika erfüllen wollte. Dagegen hatten die linken Oppositionsparteien, aber auch Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva geklagt. Die Regierung muss Rentnern und Beschäftigten im öffentlichen Dienst nun das Weihnachtsgeld wieder bezahlen, das eingespart werden sollte. Beide Gruppen mussten längst harte Kürzungen hinnehmen. Bezieher von Arbeitslosen- und Krankengeld müssen keine Beiträge zur Sozialversicherung zahlen. Die starke Anhebung der Einkommenssteuersätze bleibt hingegen bestehen.

Die Regierung soll jetzt nun neue Sparbeschlüsse fassen, um die Vereinbarungen mit der Troika aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) einzuhalten. Die Regierung hofft nun offenbar darauf, dass ihre ausländischen Geldgeber die Frist zur Rückzahlung von Krediten weiter verlängern.

Die für 2013 geplante Einsparungen in einer Höhe von 1,3 Milliarden Euro können nun nicht realisiert werden. Die Regierung denkt über „Alternativen“ nach, doch  der Regierungschef  Pedro Passos Coelho selbst hatte schon vor dem Urteil erklärt, man habe keine. Ohnehin hat Portugal schon 2012 das Haushaltsziel verfehlt, obwohl es auf fünf Prozent angehoben worden war. Mit 6,6 Prozent fiel das Defizit höher aus als 2011. Einnahmen der Sozialversicherung brechen wegen steigender Arbeitslosigkeit genauso ein wie die Steuereinnahmen. Und das gräbt weiter Kaufkraft ab. Deshalb musste Coelho kürzlich einräumen, dass die Wirtschaft mit 2,2 Prozent noch stärker schrumpfen würde, als erwartet. Die kommenden Monate wird es also weiterhin brodeln. Die Opposition aus Sozialisten, Kommunisten und anderen Organisationen fordern den sofortigen Rücktritt. Und die Rufe von der Bevölkerung werden auch immer lauter. Trotzdem klammert sich Regierungschef Pedro Passos Coelho an seinen Sessel.

Nach Angaben des Statistischen Amtes der Europäischen Union (Eurostat) waren im Februar in den Euro-Ländern mehr als 19 Millionen Menschen arbeitslos gemeldet, mehr als jemals seit Beginn der Gemeinschaftswährung. Dabei verbirgt sich hinter den offiziellen Arbeitslosenraten mit 26,4 Prozent in Griechenland,  26,3 Prozent in Spanien und 16,9 Prozent in Portugal, eine noch höhere statistisch nicht erfasste Arbeitslosigkeit. Die Dunkelziffer ist weit mehr einzuschätzen. Die Jugendarbeitslosigkeit, hat sich selbst offiziell dramatisch entwickelt; Griechenland: 58,4 Prozent, Spanien: 55,7 Prozent, Portugal: 38,2 Prozent, Italien: 37,8 Prozent, Eurozone: 23,9 Prozent.

 

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