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Vorgezogene Neuwahlen in Griechenland

Aziz Aslan

Erneute Wahlen sind geprägt von geringer Wahlbeteiligung
Bereits zum dritten Mal in diesem Jahr wurde das griechische Volk am 20. September 2015 zu den Wahlurnen gebeten. Genauer gesagt ist es in Griechenland sogar gesetzlich vorgeschrieben, dass jeder Wahlberechtigte Bürger wählen gehen muss. Auch wenn es seit 2001 keine Sanktionen nach sich zieht, wenn man der Aufforderung nicht nachkommt. So haben sich bereits bei den vorgezogenen Parlamentswahlen im Januar diesen Jahres 36% der griechischen Bevölkerung den Weg zu den Wahlurnen gespart. Bei den Wahlen am 20. September 2015 waren es ganze 45%, die gar nicht erst wählen gingen. Bei ungefähr 10 Millionen Wahlberechtigten in Griechenland kann man somit davon ausgehen, dass nahezu die halbe Bevölkerung aus verschiedensten Gründen auf ihr Wahlrecht bewusst oder unbewusst verzichtet hat. Diese Quote ist die erste wichtige Lehre die aus den Wahlen gezogen werden sollte.

Wie kam es zu diesen Neuwahlen?
Zu den vorgezogenen Neuwahlen war es gekommen, nachdem Tsipras am 14. August 2015 zurückgetreten war, weil er bei den Parlamentsabstimmungen über die Auflagen des Rettungsprogramms nur noch eine Mehrheit über die Stimmen der Opposition erreichen konnte. Grund hierfür war die Einigung von Tsipras mit den Gläubigern. Diese beinhaltet unter anderem die Beibehaltung der sozial ungerechten Sondersteuer auf Immobilien, weitgehende Privatisierungen, erneute Kürzungen bei den Renten und umfassende »Reformen« in Verwaltung und im Arbeitsrecht. Somit wurde trotz eines eindeutigen Ergebnisses beim Referendum, bei dem sich das griechische Volk gegen ein Spardiktat unter dem Kommando der EZB, der EU Kommission und des IWF aussprach, welche lediglich als Ziel hatte, die Banken zu retten, ohne die Interessen der Bevölkerung zu berücksichtigen, gegen das Volk entschieden. Genau diese Tatsache wollte Tsipras eigentlich laut seinem Wahlkampf für die Wahlen im Januar unter dem Motto: „Austeritätspolitik beenden“ vermeiden. Diese Entscheidung gegen die Interessen des griechischen Volkes führte dazu, dass bei einer Abstimmung über die sogenannten Hilfsprogramme 43 SYRIZA-Abgeordnete sich dagegen aussprachen. Somit musste Tsipras anerkennen, dass wie er selber in einem Interview sagt sein: „Wählermandat erschöpft ist!“

Das Ergebnis der vorgezogenen Neuwahl
Aus den Stimmen die abgegeben worden sind, ging dennoch erneut die von Alexis Tsipras angeführte Partei SYRIZA, mit 35,46% der Stimmen als stärkste Partei hervor. Durch das „verstärkte Verhältniswahlsystem“ erhält die stärkste Partei in Griechenland einen Zuschlag von 50 Sitzen, womit die Partei SYRIZA auf insgesamt 145 von 300 Sitzen im Parlament kommt. Somit hat SYRIZA im Vergleich zu den letzten Wahlen einen Verlust von 4 Sitzen zu verbuchen. So lässt sich auch bei der Betrachtung der kompletten Landschaft der Stimmenverteilung keine große Veränderung im Vergleich zu den Wahlen im Januar sehen. Die konservative Nea Dimokratia wurde mit 28,10% zweitstärkste Partei im Parlament mit insgesamt 75 sitzen. Gefolgt von dem Ergebnis der neonazistischen Partei unter der Führung von Nikolaos Michaloliakos mit 6,99% und insgesamt 18 Sitzen. Trotz der Tatsache, dass deren Führungsspitze wegen Rädelsführerschaft in einer kriminellen Vereinigung aktuell geschlossen vor Gericht steht, schaffte es diese faschistische Partei mit fast 400.000 Wählerstimmen ins Parlament einzuziehen. Gefolgt von der sozialdemokratischen PASOK mit 6,28% und insgesamt 17 Sitzen und der kommunistischen Partei Griechenlands KKE welche zwar ihre 15 Sitze im Parlament halten kann, aber dennoch einen Verlust von rund 40.000 Wählerstimmen verbuchen muss. Außerdem verpasst die von SYRIZA Aussteigern gegründete Volksfront mit 2,9% knapp die 3% Hürde um ebenfalls ins Parlament einzuziehen.
Wie auch bei den letzten Wahlen verhilft die rechtspopulistische ANEL als Koalitionspartner mit ihren 3,69% der Partei um Tsipras zur Mehrheit. So wurde Alexis Tsipras bereits ein Tag nach den Wahlen am 21.9.2015 vom griechischen Staatspräsidenten Prokopis Pavlopoulus als Ministerpräsident vereidigt. Eine erneute Koalition wurde von beiden Verhandlungsparteien bereits vor den Wahlen angekündigt, weshalb es auch nicht lange dauerte, bis das gesamte Kabinett am Mittwoch den 23. September vorgestellt werden konnte, bei dem sich keine wesentlichen Veränderungen zum vergangenen Kabinett erkennen lassen. So bleiben die Finanz-, Wirtschafts- und Arbeitsminister welche auch die aktuell vorliegenden Austeritätsmaßnahmen mit Vertretern der Gläubiger abgeschlossen haben, weiterhin im Amt. Auch der Parteichef des Koalitionspartners ANEL behält weiterhin sein Amt des Verteidigungsministers.

Wie geht es weiter?
Nach der aus dem Ergebnis der Wahlen resultierenden Koalition scheint es für alle klar zu sein wie es weiter geht. Aktuell fungiert eine Regierung die unter dem Druck der führenden Staaten der EU eine Politik gegen ihr eigenes Volk durchsetzt, die sie eigentlich anfangs verhindern wollte. Sowohl die EU Kommission als auch die Bundesregierung machen dabei klar, dass sie von der griechischen Regierung so schnell wie möglich erste Schritte erwarten, welche die Umsetzung der geplanten Reformprogramme einleitet. Auch wenn der Premier Tsipras versucht, Hoffnung zu machen, indem er verspricht, dass es dennoch innerhalb dieser Vereinbarungen einen gewissen Spielraum gebe, welche er versuchen werde, zugunsten seines Volkes auszunutzen, scheint es eher so, als würde der Ton auf europäischer Ebene angegeben werden.

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