Written by 17:25 HABERLER

„Wir werden uns diese Machenschaften nicht gefallen lassen“

 

Onur Kodas

Zwecks der bevorstehenden Tarifverhandlungen im Gebäudereinigerhandwerk haben wir uns mit Dennis Macko, dem Vorsitzendem im Bezirksverband Düsseldorf von der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG-Bau) getroffen.
Kannst Du uns mitteilen, wie der Stand der Tarifverhandlungen im Gebäudereinigerhandwerk ist?
Die erste Tarifrunde beginnt jetzt am 16. Juni. Wir haben auch schon größtenteils unsere Forderungen bekannt gegeben. Und eins kann ich jetzt schon sagen: Wir werden diesmal nicht nur mehr Lohn fordern. Die Reinigungsbranche boomt. Unternehmen haben in den letzten Jahren ihre Gewinne immer wieder übertreffen können. Deshalb fordern wir für die Lohngruppe eins, also die Lohngruppe der ungelernten Reinigungskräfte, 0,80,- Cent mehr. Entsprechende Steigerungen möchten wir auch in den jeweilig anderen Lohngruppen. Ferner werden wir einen Tarifvertrag für das Verbot der Leistungsverdichtung fordern. Ein weiteres wichtiges Thema ist auch die Angleichung der Löhne von Ost und West.
Erläutere mal bitte den Begriff der Leistungsverdichtung! Welches Problem steckt dahinter?
Bisher haben wir es als IG-BAU immer geschafft, dass die Abhängigbeschäftigten in der Branche der Gebäudereinigung jährlich einen beachtlichen Lohnsprung nach oben hatten. Die Arbeitgeber waren aber stets bestrebt, diese Lohnausgaben zu kompensieren. Also machen sie jedes Jahr dieselben „Spielchen“. Das bedeutet: Entweder kürzen sie die Arbeitszeit oder sie erhöhen die Quadratmeterzahl der zu reinigenden Bereiche bzw. Räume. Konsequenz aus dem Ganzen ist dann nunmehr für die Reinigerinnen und Reiniger, dass diese effektiv von den Lohnerhöhungen nichts haben. Um konkret ein Beispiel zu geben: Letztens kam ein Mitglied bei uns in die Rechtssprechstunde und berichtete, dass ihr die Vorarbeiterin gesagt habe, sie dürfe die 20 Zimmer nicht mehr in zwei, sondern in eineinhalb Stunden reinigen. Wenn sie länger dafür brauche, sei das ihre Schuld und sie werde dafür nicht vergütet. Diese Tortur haben die Arbeitgeber mittlerweile an die Spitze getrieben. Auf die Reinigungskräfte wird ein enormer Druck ausgeübt. Nicht nur körperliche Anstrengung macht den Beschäftigten zu schaffen, sondern viele von ihnen erleiden auch psychische Erkrankungen. Diesem Teufelskreis möchten und werden wir ein Ende setzen. Wir wollen die Arbeitgeber dazu bringen, dass sie diesen Tarifvertrag mit uns abschließen. Diesbezüglich haben wir bereits einige Aktionen bereits vorher gemacht. Wir hatten bereits die Aktion „Sauberkeit braucht ihre Zeit“. Dort haben wir auch mit einem Flyer auf genau diesen Umstand hingewiesen und es öffentlich gemacht.
Wie ist denn die aktuelle Situation der Reinigungskräfte?
Der überwiegende Teil der Beschäftigten gehört leider zu den Beschäftigten des Niedriglohnsektors. Prekäre Arbeitsverhältnisse sind hier an der Tagesordnung. Die Beschäftigten sind hier mit vielerlei Problemen konfrontiert. So spielt auch das Thema der Befristung eine große Rolle. Weiterhin bekommen die meisten niedrigen-Wochenstunden-Verträge, arbeiten aber gleichzeitig wie Vollzeitbeschäftigte. Andere wiederum müssen noch weitere Jobs nebenbei machen, um „über die Runden zu kommen“. Ganz schlimm ist aber die Tatsache, dass die Arbeitszeiten verteilt sind. Nahezu alle Beschäftigten haben in mehreren Objekten am Tag zu reinigen. Obwohl sie insgesamt vielleicht nur drei bis fünf Stunden am Tag arbeiten müssen, ist der ganze Tag quasi tot. Sie fahren morgens zur Arbeit, kommen am Nachmittag zurück nach Hause und fahren am Abend wieder zur Arbeit. Die Beschäftigten sind damit quasi die ganze Zeit auf der Arbeit; und vergütet wird ihnen das nicht. Auffällig bei dem Ganzen ist ferner, dass insbesondere die Reinigungskräfte unseren Rechtsservice in Anspruch nehmen. Es gibt Mitglieder, die kommen jeden Monat zu uns, weil irgendwelche gearbeiteten Stunden nicht gezahlt worden sind. Sie arbeiten nicht nur hart, sondern sie müssen auch noch hinter ihrem Geld hinterherlaufen. Ganz auffällig ist, dass besonders Migranten in dieser Branche arbeiten. Die Arbeitgeber nutzen diesen Umstand gekonnt aus. So zahlen sie ihnen die alle gearbeiteten Stunden nicht, kürzen die Arbeitsstunden willkürlich, ohne dass eine Änderungskündigung erfolgt ist, zahlen keine Entgeltfortzahlung bei Krankheit, usw.. Die Liste ist also lang. Der Grund hierfür ist, dass mit der Agenda 2010-Politik die Arbeitswelt derart liberalisiert worden ist, dass die Arbeitgeber machen können, was sie wollen und alles trotzdem rechtmäßig ist. Mit dieser Unternehmerpolitik sind derart viele Unternehmen gegründet worden, dass der Konkurrenzkampf erheblich gestiegen ist. Diesen Konkurrenzkampf versuchen sie dann auf dem Rücken der Abhängigbeschäftigten abzumildern, indem sie genau das machen, was ich bereits erläutert habe.
Kommen wir zurück zu den Tarifverhandlungen. Der aktuelle Tarifvertrag läuft Ende diesen Jahres aus. Warum haben bisher noch keine Verhandlungen stattgefunden?
Der Arbeitgeberverband hat sich bisher gesträubt, sich mit uns an den Tisch zu setzen. Da steckt systematisches Vorgehen dahinter. Wenn wir bis zum Ende diesen Jahres keinen neuen ausgehandelt haben, werden wir im Lohnbereich große Probleme bekommen. Derzeit haben wir einen tarifvertraglich geregelten Mindestlohn von 9,55 €/Std. Das bedeutet nun, dass wenn dieser ab den 01.01.2016 nicht mehr gilt, die Beschäftigten, die 2016 einen neuen Arbeitsvertrag unterschreiben, nunmehr zu dem gesetzlichen Mindestlohn i.H.v. 8,50 € arbeiten müssen. Und das ist ein Unding. Wir haben bereits Aktionen geplant und werden unsere Stimme lautstark erheben.
Was meinst du mit die Stimme lautstark erheben?
Wir haben Aktionen geplant hier in der Düsseldorfer Innenstadt. Unsere Branchensekretäre haben bereits ihre streikfähigen Betriebe zusammengestellt. Wir werden in jeden Fall auf uns aufmerksam machen; und sei es auch mit Streik. Wir haben gesehen, dass dies auch fruchtet. Zu erwähnen sei da nur der GDL-Streik. Wir werden uns diese Machenschaften nicht gefallen lassen. Wir organisieren immer mehr Gebäudereiniger. Das bedeutet, wir werden immer stärker. Hier im Düsseldorfer Umfeld haben wir zwei Fachgruppen, die sich bereits auf die Aktionen vorbereiten. Die Unternehmen schreiben seit Jahren ein Gewinnplus auf unserem Rücken. Also sollen sie uns auch dafür gerecht belohnen. Die Tarifverhandlungen sind nur ein Zwischenstopp für uns. Unser Anspruch ist eine starke Organisation der Gebäudereiniger bei der IG-BAU. Die IG-BAU legt sehr viel Wert auf diese Branche und setzt vielmehr Gewerkschaftssekretäre in dieser Branche ein. Wir als IG-Bau haben bisher ordentliche Arbeit geleistet und werden dies auch in Zukunft weiter tun.

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